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1. Überblick: Gute Rahmenbedingungen lassen Firmeninsolvenzen weiter sinken
Die Firmeninsolvenzen gehen zu Beginn des Jahres 2016 weiter zurück. In den ersten drei Monaten des Jahres meldeten 3,5 Prozent weniger Unternehmen eine Insolvenz an als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Insgesamt waren von Januar bis März 5.509 Unternehmen von einer Pleite betroffen.
„Deutschland ist für Unternehmen weiterhin ein Standort mit attraktiven Rahmenbedingungen. Eine gute Infrastruktur und Qualifikation der Arbeitskräfte sowie die weiterhin positive konjunkturelle Lage sorgen dafür, dass es einem Großteil der Firmen in Deutschland weiterhin gut geht“, kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die erneut sinkenden Firmeninsolvenzzahlen. „Da ein enger Zusammenhang zwischen der konjunkturellen Entwicklung und der Insolvenzhäufigkeit von Unternehmen besteht, ist der Haupttreiber für den erneuten Rückgang der Firmeninsolvenzen in dem guten konjunkturellen Umfeld zu sehen“, so Dr. Sellin.
Auch auf Jahressicht geht die Wirtschaftsauskunftei Bürgel von weiter sinkenden Insolvenzen aus. „Im günstigsten Fall rechnen wir für 2016 mit 22.500 Firmeninsolvenzen“, sagt Dr. Sellin. Es wäre der siebte Rückgang in Folge und der niedrigste Stand seit der neuen Insolvenzordnung aus dem Jahr 1999. Zum Vergleich: Im bisherigen Rekordjahr 2003 (39.320 Firmeninsolvenzen insgesamt) gab es im 1. Quartal noch 9.747 Firmenpleiten und damit 76,9 Prozent mehr als in den ersten drei Monaten diesen Jahres.
Risiken für die Insolvenzprognose liegen in den zahlreichen geopolitischen und weltwirtschaftlichen Unsicherheiten. Vor allem ein möglicher „Brexit“ könnte für einen Teil der deutschen Unternehmen problematisch werden, denn Großbritannien ist für Deutschland der drittwichtigste Exportmarkt weltweit. „Ein „Brexit“ hätte negative Auswirkungen für die deutschen Exporteure und könnte die prognostizierte Zahl an Insolvenzen erhöhen“, erklärt Dr. Sellin.
2. Firmeninsolvenzen sinken – Insolvenzschäden steigen
Trotz sinkender Zahlen bei den Firmeninsolvenzen stiegen im 1. Quartal 2016 die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger auf circa 4,9 Milliarden Euro (1. Quartal 2015: 4,2 Milliarden Euro). Damit hat sich die Schadenssumme gegenüber dem Vorjahr um 16,7 Prozent erhöht. In knapp einem Viertel der Fälle wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt, d.h. es handelt sich um Unternehmen, bei denen das Vermögen nicht einmal ausgereicht hat, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu decken.
Die durchschnittliche Summe der Schäden belief sich von Januar bis März auf knapp 890.000 Euro pro Firmeninsolvenz. Die höchsten Forderungen je Firmeninsolvenz meldeten Gläubiger in Bremen an (circa 3.250.000 Euro Schadenssumme je Firmeninsolvenz). Über dem Schaden von einer Million Euro pro Firmeninsolvenz liegen auch die Bundesländer Hessen (circa 2.050.000 Euro), Niedersachsen (circa 1.545.000 Euro), Hamburg (circa 1.385.000 Euro) und Baden-Württemberg (circa 1.100.000 Euro). Im Saarland beläuft sich der durchschnittliche Schaden pro Firmeninsolvenz auf knapp 173.000 Euro. Dies ist der geringste Wert bundesweit.
In der absoluten Analyse kommen die höchsten Forderungen von Gläubigern aus Nordrhein-Westfalen. Die 1.727 Firmeninsolvenzen im 1. Quartal 2016 summieren sich zu einer Schadenssumme von 1,4 Milliarden Euro.
3. Firmeninsolvenzen je Bundesland: Bremen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland führen die Insolvenzstatistik an
In absoluten Zahlen gab es die meisten der 5.509 Firmeninsolvenzen in Nordrhein-Westfalen (1.727), Bayern (689), Niedersachsen (463) und Baden-Württemberg (422). Aussagekräftiger ist die relative Betrachtung. Danach mussten in Baden-Württemberg (9 je 10.000 Unternehmen), Thüringen (10 je 10.000 Unternehmen), Bayern (11) und Rheinland-Pfalz (12) am wenigsten Firmen aufgeben. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 17 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Unter diesem Wert rangieren auch noch die Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils 13 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen) und Hessen (15). Niedersachsen liegt mit 17 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen im Bundesdurchschnitt.
Am schwierigsten ist die Lage in Bremen mit 34 Insolvenzfällen je 10.000 Firmen. Auch in Nordrhein-Westfalen und im Saarland (je 26) sowie in Hamburg (25) ist die Situation angespannt. In Berlin (23), Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein (je 21) sowie in Sachsen (20) liegen die Insolvenzzahlen über dem Bundesdurchschnitt.
4. Prozentuale Veränderungen: In Thüringen sinken die Firmenpleiten um 24 Prozent – Anstieg in Sachsen um 16,9 Prozent
Betrachtet man die prozentualen Veränderungen im Vergleich zum 1. Quartal 2015, schneidet Sachsen am schlechtesten ab. In Sachsen stiegen die Insolvenzzahlen um 16,9 Prozent – bundesweit der stärkste Anstieg. Auch im Saarland (plus 11,3 Prozent) sowie in Sachsen-Anhalt (plus 8,4 Prozent), Brandenburg (plus 8,3 Prozent), Niedersachsen (plus 3,3 Prozent) und Bayern (plus 3,1 Prozent) mussten mehr Firmen eine Insolvenz anmelden. Am deutlichsten entspannt hat sich die Lage in Thüringen (minus 24 Prozent). Deutliche Rückgänge gab es zudem in Rheinland-Pfalz (minus 19,6 Prozent), Schleswig-Holstein (minus 9,9 Prozent), Hessen (minus 9,7 Prozent), Nordrhein-Westfalen (minus 8,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (minus 5,2 Prozent). In Bremen meldeten wie schon im Vorjahr 76 Unternehmen eine Insolvenz an. Unterdurchschnittliche Rückgänge meldeten Berlin (minus 0,6 Prozent), Baden-Württemberg (minus 1,9 Prozent) und Hamburg (minus 2,2 Prozent).
5. Firmeninsolvenzen nach Rechtsformen: Zwei Rechtsformen dominieren die Insolvenzstatistik
Wie schon in den letzten Jahren mussten vor allem Einzelfirmen und Gewerbebetriebe sowie GmbHs zwischen Januar und Ende März einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Der Anteil dieser Rechtsformen an allen Insolvenzen im 1. Quartal 2016 beträgt 80,1 Prozent. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) setzte den Trend der steigenden Insolvenzzahlen fort. Die Firmeninsolvenzen bei den UGs stiegen um 5,7 Prozent auf 500 Fälle.
6. Firmeninsolvenzen nach Unternehmensalter: Mehr ältere Unternehmen von einer Insolvenz betroffen
Im 1. Quartal 2016 wurden 1.280 Insolvenzen von Firmen angemeldet, die nicht länger als zwei Jahre am Markt aktiv waren. Hauptgrund für das Scheitern von Jungunternehmen ist in erster Linie eine falsche Geschäftsidee. Ist diese nicht marktfähig oder werden die Produkte nicht effizient hergestellt, hat das Unternehmen keine Überlebenschance. Eine weitere Ursache liegt in den häufig schwierigen Finanzierungsmöglichkeiten der Jungunternehmen. Zudem machen den Gründern vor allem Marktveränderungen, strategische Fehlentscheidungen und mangelnde fachliche Kompetenz zu schaffen. Positiv ist die Entwicklung, dass die Zahl der insolventen Unternehmen in diesem Segment um 7,9 Prozent zurückgegangen ist. Mehr Insolvenzen gab es hingegen bei Firmen, die älter als 10 Jahre sind (plus 4,9 Prozent).
7. Ursachen von Firmeninsolvenzen: Zahlreiche Auslöser verantwortlich für die Zahlungsunfähigkeit
Bei vielen Unternehmen, die eine Insolvenz anmelden müssen, gibt es nicht den einen Insolvenzgrund. Vielmehr entstehen Unternehmenskrisen aus dem Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren. Die Wirtschaftslage ist nur ein Faktor, der den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen beeinflusst. Daneben gibt es weitere unternehmensexogene und unternehmensendogene Ursachen für Unternehmensinsolvenzen. Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen, technischer Wandel, Wechselkursänderungen im Außenhandel oder die Insolvenz eines wichtigen Geschäftspartners (Dominoeffekt) sind Beispiele für Einflüsse von außen, die ein Unternehmen auf die schiefe finanzielle Bahn lenken können. Unternehmensendogene Ursachen, wie zum Beispiel geringe Eigenkapitalbasis, Mängel im Produktbereich (Qualität, Preis, Produkteigenschaften), Führungsprobleme oder Managementfehler können in allen betrieblichen Funktionsbereichen begründet liegen und eine Insolvenz auslösen.
Quelle: BÜRGEL Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG
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Dieser Artikel wurde am 22. Jun 2016 in der Kategorie BÜRGEL, Wirtschaftsinformationen veröffentlicht.
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