News
1. Überblick: Firmeninsolvenzen sinken auf den niedrigsten Stand seit 1999
Die Firmeninsolvenzen in Deutschland sind auch im Jahr 2016 gesunken. Die Zahl der Firmenpleiten verringerte sich um 6,2 Prozent auf 21.789 Fälle (2015: 23.222 Firmeninsolvenzen).
„Durch den siebten Rückgang in Folge sind die Unternehmensinsolvenzen im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 1999 gesunken“, kommentiert Bürgel Geschäftsführer Klaus-Jürgen Baum die aktuellen Zahlen.
Im Krisenjahr 2009 mussten in Deutschland noch 33.762 und damit über 50 Prozent mehr Firmen eine Insolvenz anmelden.
Die Firmen in Deutschland profitieren von der weiterhin stabilen Binnenkonjunktur und den für sie günstigen Finanzierungsbedingungen. Zudem stützt der schwächere Euro Teile der exportorientierten Unternehmen. Hinzu kommt ein Effekt, der durch die positive Entwicklung der letzten Jahre eingetreten ist. Viele Unternehmen haben ihr Eigenkapital in den letzten Jahren erhöhen und damit ein Krisenpolster zur Risikoabsicherung aufbauen können.
Für das laufende Jahr geht die Wirtschaftsauskunftei Bürgel weiter von leicht sinkenden Firmeninsolvenzen aus. „Aktuell können wir keine Trendumkehr erkennen und rechnen 2017 mit einem Rückgang um 3,5 Prozent auf 21.000 Insolvenzen“, sagt Klaus-Jürgen Baum. Diese Prognose ist durch die internationalen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten wie ein bevorstehender Brexit, der Regierungswechsel in den USA sowie den Wahlen in Frankreich und Deutschland allerdings risikobehaftet.
2. Finanzielle Schäden durch Unternehmensinsolvenzen: Insolvenzschäden steigen kräftig
Die durch Firmeninsolvenzen verursachte Schadenssumme ist im Jahr 2016 trotz der sinkenden Fallzahlen signifikant angestiegen. Die Insolvenzschäden summierten sich 2016 auf insgesamt 27 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Anstieg um knapp 54 Prozent (2015: 17,5 Milliarden Euro). Verantwortlich für diesen sprunghaften Anstieg sind mehrere Zusammenbrüche von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen. Prominente Beispiele aus dem letzten Jahr sind die Unternehmen Steilmann, Sinn-Leffers oder German Pellets. Im Durchschnitt richtete jede Firmeninsolvenz im Jahr 2016 einen Schaden von circa 1,2 Millionen Euro an. Der aus den hohen Insolvenzschäden resultierende Dominoeffekt beispielsweise auf Lieferanten oder Partnerunternehmen kann auch bisher stabile Firmen in eine Schieflage bringen und somit Anschlussinsolvenzen forcieren.
3. Vergleich der Bundesländer: Am meisten Firmenpleiten in Bremen und Nordrhein-Westfalen
Ein Blick auf die Bundesländer zeigt, dass die Firmeninsolvenzen regional unterschiedlich ausgeprägt sind. Absolut gesehen stehen Nordrhein-Westfalen (6.678 Firmeninsolvenzen), Bayern (2.777), Niedersachsen (1.882) und Baden-Württemberg (1.741) an der Spitze der Statistik.
Die Analyse der Insolvenzdichte (Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen) zeigt ein leicht verändertes Ergebnis. Demnach gab es in Nordrhein-Westfalen und Bremen mit 100 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen deutschlandweit die meisten Fälle. Der Bundesdurchschnitt lag im Jahr 2016 bei 67 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen. Deutlich über diesem Wert liegen auch das Saarland (98), Hamburg (95), Berlin (88), Schleswig-Holstein (86) und Sachsen-Anhalt (79). Leicht über dem Durchschnittswert liegen Sachsen (73) und Niedersachsen (69.). Die wenigsten Firmenpleiten gab es im Jahr 2016 mit 39 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen in Baden-Württemberg. Aber auch in Thüringen (44), Bayern (46), Rheinland-Pfalz (49) und Brandenburg (55) mussten vergleichsweise wenig Firmen eine Insolvenz anmelden.
4. Großstadtranking: Dortmund ist Insolvenzspitzenreiter
Bürgel hat neben den Bundesländern auch die Insolvenzdichte in den 30 größten deutschen Städten analysiert. Demnach ist das Insolvenzrisiko in Dortmund mit 127 Pleiten je 10.000 Unternehmen am höchsten. Es folgen mit Essen (115), Duisburg (107) und Gelsenkirchen (104) drei weitere Städte aus Nordrhein-Westfalen. Am besten steht im Ranking der Großstädte München da. Hier liegt die Insolvenzquote bei 48 Pleiten je 10.000 Unternehmen. Dahinter rangieren mit Nürnberg (49) und Stuttgart (51) ebenfalls zwei Städte aus Süddeutschland.
5. Prozentuale Veränderungen: In vier Bundesländern steigen die Firmeninsolvenzen
Der bundesweite Trend sinkender Firmeninsolvenzen zeigt sich im Saarland (plus 10,3 Prozent) sowie in Brandenburg (plus 7,4 Prozent), Sachsen (plus 6,7 Prozent) und Hamburg (plus 1,5 Prozent) nicht. Deutlich weniger Firmenpleiten gab es 2016 in Rheinland-Pfalz (minus 16,7 Prozent) und Thüringen (minus 15,3 Prozent). Aber auch in Nordrhein-Westfalen (minus 8,8 Prozent), Sachsen-Anhalt (minus 8,1 Prozent) und Bayern (minus 8,0 Prozent) gingen die Firmeninsolvenzen stärker zurück als im Bundesdurchschnitt (minus 6,2 Prozent).
6. Firmeninsolvenzen nach Rechtsformen: Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bleibt insolvenzgefährdet
Bei der Analyse der Rechtsformen zeigt sich, dass diese unterschiedlich stark insolvenzgefährdet sind. Das höchste Insolvenzrisiko ging 2016 von der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aus. Hier lag die Insolvenzdichte bei 209 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen. Aber auch Aktiengesellschaften (114) und GmbHs (115) haben ein erhöhtes Insolvenzrisiko.
In absoluten Zahlen machen weiterhin die Rechtsformen Gewerbebetriebe und Einzelunternehmen (39,7 Prozent; 8.659 Fälle) sowie die GmbHs (39,1 Prozent; 8.533 Fälle) die größten Anteile am Insolvenzgeschehen in Deutschland aus.
7. Firmeninsolvenzen in den Hauptbranchen: Insolvenzquote im Baugewerbe am höchsten
Das Baugewerbe steht mit 85 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen an der Spitze der Auswertung der Hauptbranchen. Aber auch in der Logistik (83) und im Handel (70) liegt die Insolvenzquote über dem Durchschnitt. Die Dienstleistungsbranche hat mit 9.532 Fällen den höchsten absoluten Anteil am Insolvenzgeschehen in Deutschland. Die geringste Insolvenzdichte gibt es mit 32 Pleiten je 10.000 Unternehmen im Energiesektor.
8. Firmeninsolvenzen nach Mitarbeiteranzahl: Erneut kleine Unternehmen von Insolvenz betroffen
Ein Blick auf die Unternehmensgröße zeigt, dass im Jahr 2016 vor allem kleine Unternehmen eine Insolvenz anmelden mussten. Der Anteil der Firmen mit maximal 5 Mitarbeitern betrug 81,5 Prozent. Der Anteil am Insolvenzgeschehen nimmt mit steigender Zahl der Arbeitnehmer weiter ab. 7,7 Prozent der Unternehmen, die eine Insolvenz anmelden mussten, beschäftigten zwischen 6 und 10 Mitarbeitern. Bei Firmen, die 51 oder mehr Angestellte haben, liegt der Anteil am Insolvenzgeschehen nur noch bei 2,4 Prozent.
9. Firmeninsolvenzen nach Unternehmensalter: 58,9 Prozent der insolventen Unternehmen sind nicht älter als 10 Jahre
14,9 Prozent der insolventen Unternehmen in Deutschland sind nur bis zu zwei Jahre am Markt aktiv gewesen. Die aktuelle Studie zeigt zudem, dass über die Hälfte (58,9 Prozent) der insolventen Unternehmen nicht älter als zehn Jahre alt werden. Gründe für das Scheitern junger Unternehmen sind vorrangig in der Geschäftsidee zu sehen. Ist diese nicht marktfähig oder werden die Produkte nicht effizient hergestellt, hat das Unternehmen keine Überlebenschance und muss Insolvenz anmelden. Eine weitere Ursache liegt in den häufig schwierigen Finanzierungsmöglichkeiten der Jungunternehmen. Zudem machen den Gründern vor allem Marktveränderungen, strategische Fehlentscheidungen und mangelnde fachliche Kompetenz zu schaffen.
10. Exkurs: Männer führen Firmen knapp doppelt so oft in eine Insolvenz wie Frauen
Bei vielen Themen gibt es einen Vergleich zwischen Männern und Frauen. Die Frage, ob es Zusammenhänge zwischen dem Unternehmenserfolg und dem Anteil von Frauen in Führungspositionen gibt, wie stark ein solcher Zusammenhang ausfällt und wovon er abhängt, steht seit Jahren zunehmend im Mittelpunkt von gleichstellungs- und wirtschaftspolitischen Diskussionen. Das Thema Firmeninsolvenzen wurde bei diesem Vergleich bisher ausgeklammert. Daher hat die Wirtschaftsauskunftei Bürgel in ihrer Studie zu den Firmeninsolvenzen zum zweiten Mal untersucht, ob mehr Männer oder Frauen an der Spitze von insolventen Unternehmen stehen. Das Ergebnis ist eindeutig: Männer führen Unternehmen öfter in eine Insolvenz als Frauen. Dies belegen sowohl die absoluten als auch die relativen Zahlen. Bei 17.277 der insolventen Unternehmen gab es nur eine verantwortliche Person (Geschäftsführer, Inhaber etc.) an der Firmenspitze. Bei 80,3 Prozent dieser Firmen (13.883) war die verantwortliche Person männlich. Bei 1.951 der insolventen Unternehmen saßen zwei Entscheider auf dem Chefsessel. Auch bei diesen Unternehmen ist der Anteil von Männern größer, als der der Frauen. In 68,1 Prozent der Fälle wurden die insolventen Firmen von zwei Männern geführt. Demgegenüber sind nur 2,8 Prozent der Unternehmen mit zwei Frauen in der Führung von Zahlungsunfähigkeit betroffen. Der restliche Anteil (29,1 Prozent) entfällt auf Firmen mit einer gemischten Geschäftsführung. Ähnliche Zahlen liefern Unternehmen mit drei Personen in der Entscheiderebene. Bei 64,9 Prozent der insolventen Unternehmen waren alle drei Chefs männlich. Drei weibliche Entscheiderinnen gab es nur bei 1,9 Prozent der Firmen. 33,3 Prozent der Firmen sind durch eine gemischt geschlechtliche Führung charakterisiert. Interessanter ist nun der relative Vergleich. Hierzu wurden die insolventen Unternehmen inklusive der Anzahl der Entscheider in das Verhältnis zur Gesamtzahl der Unternehmen gesetzt. Auch hier ist das Ergebnis eindeutig. In fast doppelt so vielen Fällen stehen ein oder mehrere Männer an der Spitze eines insolventen Unternehmens. Laut Analyse melden 79 je 10.000 Unternehmen mit einem oder mehr männlichen Entscheidern eine Insolvenz an – im Vergleich dazu sind es nur 41 je 10.000 Firmen mit einer oder mehreren Frauen in der Führungsetage. Auch gemischt geführte Unternehmen sind weniger von einer Zahlungsunfähigkeit betroffen (50 je 10.000 Unternehmen).
11. Ursachen von Firmeninsolvenzen: Mehrere Auslöser sind gemeinsam verantwortlich für die Zahlungsunfähigkeit
Die Gründe für Firmeninsolvenzen sind unterschiedlich ausgeprägt. In vielen Fällen gibt es nicht die eine Insolvenzursache, sondern es sind mehrere Auslöser gemeinsam verantwortlich für die Zahlungsunfähigkeit. Die aktuelle Wirtschaftslage ist nur ein Faktor, der den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen beeinflusst. Daneben gibt es weitere unternehmensexogene und unternehmensendogene Ursachen für Firmenpleiten. Die Hauptursachen für Unternehmenspleiten bleiben nach wie vor erstens das Ausbleiben neuer Aufträge bzw. Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Zweitens sorgen Dominoeffekte dafür, dass zahlungsunfähige Firmen weitere Unternehmen mit in die Insolvenz reißen. Drittens sind oftmals Managementfehler für ein erhöhtes Insolvenzrisiko verantwortlich. Hinzu kommen Kriterien wie eine fehlende Unternehmensplanung, kein Controlling oder ein unzureichendes oder fehlendes Debitorenmanagement.
Quelle: BÜRGEL Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG
Schlagwörter: Adressermittlung, bonität, bürgel, coburg, eidesstattlicheversicherung, forderungsausfall, hamburg, inkassobüro, inkassounternehmen, insolvenz, konsumenten, offenbarungseid, Schuldenbarometer, Vermögensauskunft, Wirtschaftsinformationen
Dieser Artikel wurde am 24. Jan 2017 in der Kategorie BÜRGEL, Wirtschaftsinformationen veröffentlicht.
Ihre Meinung ist uns wichtig